Was macht man an seinem ersten Urlaubstag? Man steht früher auf als sonst, setzt sich ins Auto und fährt von Frankfurt nach Essen. Das kann außer Brettspielern sonst vermutlich niemand nachvollziehen. Muss man aber auch nicht. Auch in diesem Jahr bin ich wieder von Donnerstag bis Samstag in den großen Messehallen und quetsche mich durch das Gedränge.
Da die täglichen Berichte von der Messe immer sehr beliebt sind und auch bereits mehrfach nachgefragt wurden, gibt es auch in diesem Jahr wieder am Ende des Tages bzw. am Morgen des darauffolgenden einen kurzen Bericht. Wobei ich wahrscheinlich die Zusammenfassung von Tag 3, dem Samstag, erst Montag Abend zusammenschreiben kann. Aber wir werden sehen. Das ist die Zukunft, schreiben wir über gestern.
Die Anfahrt war absolut problemlos. Ich habe Frankfurt kurz nach 6 verlassen, habe mich auf die A3 eingefädelt und dann ging es nur noch geradeaus. Ich bin dieses Jahr auch nicht direkt zur Messe gefahren, sondern habe in meinem Hotel noch Dirk aka Würfelmagier eingesammelt, der bereits seit Mittwoch morgen vor Ort war. Man muss ja nicht mit zwei Autos fahren und zwei Parkplätze nutzen, wenn man sowieso den Tag über gemeinsam über die Messe läuft und Abends ins gleiche Hotel zurückfährt. Am Ende waren wir 10 vor 9 vor der Halle, haben das Auto abgestellt und sind nochmal ein paar Straßen weiter, um uns ein Frühstück zu holen.
Gegen halb 10 waren wir zurück, den Rucksack mit Knabbereien und Wasser befüllt und danach ging es in die Hallen. Auch hier kaum Gedrängel, alles doch sehr geordnet. Auch wenn es erstmal etwas merkwürdig ist, durch zwei leere Hallen zu laufen, um zum eigentlichen Ziel zu kommen. Die letzten Jahre bin ich immer über den Eingang West direkt in Halle 3. Durch die Umstrukturierung der Aussteller in diesem Jahr hat sich auch die Starthalle komplett verändert. Generell kann man vorab sagen, dass mir das Umsortieren zwar gut gefallen hat, für mich aber inzwischen als langjährigen Besucher der Messe es doch vor eine kleine Herausforderung gestellt hat… Man erwartet einfach Aussteller A hier und Aussteller B dort. Aber ist am Ende Gewöhnungssache. Für mich in diesem Jahr allerdings komplett uninteressant: Halle 1, die Rollen-, Miniatur- und Sammelkartenspiele beherbergt.
Da Dirk sich eine Nesting Box für Flügelschlag kaufen wollte, sind wir recht schnell durch die Hallen, haben die „Pflicht“ erledigt und sind dann zurück in Halle 2, um uns einen Platz bei Karvi (Hans im Glück) zu sichern. Den Titel habe ich schon lange im Auge gehabt, auch wenn verlagstypisch die Menge an Informationen im Vorfeld zum Spiel gut zurückgehalten wurden. Aber Wikinger ziehen (normalerweise) bei mir.
Am recht großen Stand haben wir aufgrund der vielen Tische einen Platz bekommen, ein dritter Spieler hat sich recht schnell dazu gesellt und die Erklärung von Claudio konnte starten.
Die Regeln des Spiels sind nicht wirklich komplex. Ihr seid ein Jarl und versucht, euren Einfluss und eure Macht zu vergrößern (sprich, die meisten Punkte zu machen). Dazu bewegt ihr euer Schiff über die Nordmeere, könnt dort Handelsposten und Wachtürme errichten, handeln und natürlich plündern. Das Ganze passiert durch das Einsetzen von zwei Würfeln auf einem separaten Spielplan. Derjenige Spieler, dessen Würfel am weitesten hinten sitzt, ist am Zug, wählt sich eines der Felder des Tableaus, zahlt die Aktion dort durch Reduzieren der Augen/Bier-Zahl auf dem Würfel und führt sie im Anschluss aus. Das können einfach Sammelfelder für Ressourcen sein, das Auffüllen von Proviant (benötigt ihr fürs Segeln), das Nachfüllen von Bier (erhöht am Ende wieder die Augenzahl auf dem Würfel), den Ausbau eures Schiffes oder das Durchführen von Handel und Plünderungen. In jedem Zug gibt es diverse Nebenaktionen, mit der ihr euch Rohstoffe ertauschen könnt und natürlich wichtig, euer Schiff ins See stechen lassen könnt. Um den Beitrag nicht unnötig lange werden zu lassen, belasse ich es hierbei mit der kurzen „Regelkunde“ und komme lieber zu meiner Ersteindruck. Wir haben etwas mehr als eine Stunde gespielt, ca. 2/3 des Spiels. Generell ist die Optik ganz schick, am Material kann man nicht meckern. Die Box ist mächtig groß und vollgepackt. Ich hätte mir vielleicht gerade bei den Illustrationen auf dem Spielplan weniger diese stilisierte Karte gewünscht. Das Schiff, mit den man über den Plan segelt ist aus Pappe zusammengesteckt, der Kniff mit dem Sammeln des Proviants ist zwar nett, aber auch hier wäre ich wahrscheinlich glücklicher mit einem Holzschiff gewesen. Ansonsten ist die Symbolik fein, man erkennt aufgrund der Farben recht schnell, was welche Aktion im Detail macht. Der Auswahlmechanismus der Aktionen gefällt mir, auch wenn das Runterdrehen der Würfel manchmal ein Gefummel ist. Hab ja schon erwähnt, dass die Regeln nicht kompliziert sind, das Spiel aber zu Verstehen und zu Durchdringen ist aber etwas ganz Anderes. Das richtige Timing zu finden, wann ich welche (Neben-)Aktion mache, was ich wie sammel, um am Ende nicht mit einem „leeren“ Würfel mitten im Feld zu stehen, mit dem ich dann erstmal nichts machen kann, die richtige Wahl der Schiffsausbauten, die mir einen dauerhaften Bonus im Spiel bringen, die Wahl eines guten und lukrativen Seewegs und dann das alles koordinieren mit den Aktionen meiner Mitspieler. Puuh! Da braucht man vermutlich einige Partien, um einen groben Plan zu bekommen. Das ist vermutlich (erstmal) der Grund, warum ich mir den mit 70 € auch recht hochpreisigen Titel nicht kaufen werde. Nicht, weil ich das für ein schlechtes Spiel halte, sondern weil ich am Ende zu wenig spiele, als das ich dem Spiel gerecht werden würde. Vielleicht werde ich schwach, wenn der Titel im Preis fällt die nächsten Monate.
Da der Magier weiterhin mit seiner riesigen Box für Flügelschlag beladen war, haben wir im Anschluss diese kurz ins Auto gebracht und uns in einem netten Café in der Seitenstraße ein Heißgetränk gegönnt, dass aufgrund enorm langer Schlangen am Morgen auf der Strecke geblieben ist. Danach sind wir in die Hallen zurück und ich für ne Stunde alleine losgezogen. Diese war recht ernüchternd. Habe versucht, meine Favoriten abzuklappern, aber Halle 3 ist weiterhin Halle 3. Extrem voll, sehr langsames Durchkommen. Auch wenn die Gänge weiterhin recht breit sind. Außerdem keine Chance, an irgendeinem Tisch unterzukommen. Das finde ich langsam echt schwierig. Wenn man nicht zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ist, hat man wenig Möglichkeiten. Mal schauen, wie das heute wird.
Eine Chance hat sich dann doch ergeben. Denn ich bin gerade am Stand von Skellig Games vorbeigelaufen, als ein Tisch seine Partie Kingscraft beendet hat.
Eigentlich rein aufgrund der Optik hatte ich das Spiel auf meinem Zettel. Der Tisch war schnell gefüllt, wir konnten dank recht kurzen Regeln auch zügig starten. In jeder Runde wählt man verdeckt aus einem Set an Aktionskarten eine aus und führt diese im Anschluss aus. Dabei bekämpft man Monster in bis zu 3 Stufen, die einem bei einem Sieg auch mit Ausrüstung in drei verschiedenen Stufen belohnen. Das alles platzieren wir auf den vor uns liegenden Helden und bereiten ihn damit auf noch größere Kämpfe vor. Ziel ist es, den ausliegenden König zu besiegen. Neben den Kampfaktionen gibt es die meiner Meinung nach spannendste Aktion des Spiels: das Schmieden. Hiermit kombiniere ich zwei Ausrüstungsgegenstände zu einem mächtigeren. Ein Helm der Stufe 1, dazu Hörner der Stufe 2 ergeben (auch rein optisch) einen Helm mit Hörnern der Stufe 2. Gegenstände der Stufe 2 und 3 lassen sich zusätzlich nochmal aufwerten. All das bringt uns weitere Würfel, die unser Glück beim Kampf beeinflussen, Rüstung um erhaltenen Schaden zu reduzieren oder auch einige Sonderaktionen wie Neuwürfeln oder das Austauschen des ausliegenden Monsters. Mir hat das Spiel direkt gefallen. Es geht schnell, es holt mich thematisch mit der Schmiede-Aktion ab, es macht Spaß, seinen Helden immer mehr aufzubauen. Ich bin seit dem ersten Teil Fan von Blizzard’s Diablo und weiß nicht, wie viele Stunden ich dort auf der Jagd nach besserer Ausrüstung war. Die Kämpfe sind natürlich dank der Würfel teils sehr zufällig, aber man kann hier etwas gegensteuern. Und mit einem Lucky Punch KANN das Spiel natürlich auch recht schnell vorbei sein. Attackiert man den König, man selbst würfelt gut und der wiederum schlecht, gewonnen. Da ich trotz allem echten Spaß hatte beim Spielen habe ich es mitgenommen.
Danach wieder zurück ins Getümmel. Einige Spiele nur mal angeschaut, wenig Chancen zum Spielen. Einige nette Gespräche geführt mit Bloggern, Verlagen und anderen Spielern. Um am dann schon fortgeschrittenen Tag in Halle 6 bei Schmidt Spiele zu landen. Kuhfstein war das Ziel, es ist zuerst Café del Gatto geworden.
Die Regeln mussten wir uns selbst beibringen, aber ist hier recht schnell gemacht. Ich gehe hier gar nicht groß darauf ein. Ziel des Spiels ist es, verschiedenen Kaffeespezialitäten zuerst zuzubereiten und im Anschluss eben unseren Kunden zu servieren. Dazu haben wir einige Tassen vor uns liegen, mit Platz für Kaffee- und Milchplättchen. Plättchen ist hier allerdings das falsche Wort, wir reden hier von echt hochwertigen dicken Steinen. In jeder Runde kaufen wir uns diese aus dem Vorrat ein, müssen aber auf die richtige Reihenfolge achten. Beim Latte Macchiato kommt halt erst die Milch (oder doch anders rum, verdammt!). Außerdem haben die Steine einen Barista-Level. Je höher der ist, desto mehr Punkte erhält man am Ende und desto besser verkauft sich das Getränk. Gespielt haben wir zu 4t knapp 30 Minuten. Und es hat echt Spaß gemacht. Das hier ist kein komplexes Spiel, ein Familienspiel, dass man auch mit Kindern bereits spielen kann (offiziell ab 8 Jahren). Trotzdem ist es nicht einfach: kaufe ich jetzt diesen Kaffee? Oder lieber das Milchplättchen? Dann würde ich aber verschiedene Symbole mischen, die wiederum den Verkaufswert mindern. Aber ich muss mich beeilen, denn mein Konkurrent ist auch mit seinem gleich fertig.
Im Anschluss direkt sitzen geblieben. Unserer Mitspieler hatten vorher bereits Kuhfstein gespielt, wir haben die Box einfach übernommen.
Hier ebenfalls ein Schmidt-Spiele typisches Familienspiel, das ich jedoch aufgrund der Optimierung der eigenen Auslage als gar nicht sooo einfach einordne. Im Laufe des Spiels sammeln wir Punkte durch Wertungen unserer Landschaft. Der erste, der 65 Punkte erreicht hat, löst das Spielende aus. Danach darf jeder noch einmal ran, am Ende gewinnt derjenige mit den meisten Punkten. In unserem Zug legen wir entweder eins der offenen liegenden Landschaftsplättchen, von denen es 5 verschiedene gibt, an unser Gebiet an, ziehen eine neue Wertungskarte auf die Hand oder spielen eben eine dieser aus und lösen damit eine Wertung aus. Dazu muss das auf der Karte abgebildete Gebiet in der gleichen Form und den gleichen Gebieten vor uns wiederzufinden sein. Dann platziere ich meine im Laufe des Spiels bis zu 6 Kühe auf den Feldern und erhalte die Punkte. Problem ist, dass ich nur Werten kann, wenn die Landschaften frei sind. Habe ich dort Kühe stehen, muss ich diese erst in einer weiteren Aktionen zurücknehmen. Was gut geht, wenn es eine Herde (zusammenhängend ist). Gibt es aber Lücken, ist es jeweils ein eigene Aktion und kostet Zeit. Wir haben das ganze sehr schnell runtergespielt. Auch hier keine 30 Minuten. Da steckt aber doch einiges dahinter. Wie baue ich welche Landschaften möglichst sinnvoll, dass ich mir zum einen nicht die nächste Wertung verbaue und vielleicht auch bereits vorausschauend für die nächste Wertung plane? Hat mir ebenfalls sehr gut gefallen. Mal nicht so ein großes Ding. Ich spiele gerne auch mal an einem Abend mehrere kleine Spiele anstatt einem Klotz wie Terraforming Mars, Underwater Cities oder Great Western Trail.
Die Uhr ist nun weiter fortgeschritten. Nach einem am Ende doch längeren Plausch mit Stefan Feld, der bei Queen Games fleißig Autogramme auf seine Feld-City-Collection verteilt hat, sind wir eigentlich nur noch „Einkaufen“ gewesen. Bis wir um viertel nach sechs spontan einen Stop bei Huch gemacht haben und Back to the Future angespielt haben. Die Regeln lasse ich hier mal weg, wir haben wirklich nur einige wenige Züge gemacht. Wer die Filme kennt, wird vieles wiedererkennen. Manches ist echt gut gemacht, aber hat mich (leider) gar nicht abgeholt.
Damit war der Messetag für uns auch beendet, wir haben den Weg ins Hotel gesucht und sind dann irgendwie in diesem McDonalds gelandet. Im Anschluss gab es neben einem Bier vom Fass eine weitere Partie von Kingscraft zu 2t und zwei Partie von Happy Campers, ein nett gemachtes Roll & Write eines (Achtung Klischee!) niederländischen Verlags. Wir malen unseren perfekten Campingplatz. Das Ding erfindet nichts neu, kennen wir alles in der Form bereits von anderen Roll & Writes. Aber eine Partie dauert keine 10 Minuten und bringt dank einiger Challenge-Karten, die man zu jeder Partie (optional) packen kann, immer wieder etwas andere Wertungskriterien.
Soweit von Tag 1. Jetzt muss ich mich mal in die Dusche packen (und das erinnert mich bereits jetzt wieder daran, dass das gestern auch einige hätten tun müssen), mein Rucksack für heute befüllen, ein Frühstück organisieren und dann wieder Richtung Essen fahren.
Wir lesen uns.
Danke für deine ersten Eindrücke. Bewundernswert, dass Du es schaffst nach einem langen Messetag noch so ausführliche Spielebeschreibungen zu papier zu bringen und online zu stellen.
Danke für die Eindrücke von der Messe. Vielleicht als Info für alle die (wie ich) dieses Jahr zuhause bleiben. Die Spiele-Offensive macht wieder eine Online-Messe und im Zuge dessen entfallen dort für den Zeitraum der SPIEL die Versandkosten von 3,99€ – gerade bei kleinen Titeln kann dies ganz spannend sein.
Danke für die Eindrücke. Lese ich immer gern. Tolles Format!!
Wir sind nach zwei Tagen mit der Halle 3 erstmal fertig. Ich finde den Aufbau der Hallen sehr gut, aber mir brummt auch irgendwie der Kopf. Sonst schieben wir zwischen den Kenner- und Expertenspielen gerne mal ein kleines leichtes Spiel rein. Das war mit dem Aufbau so nicht einfach drin. Karvi, Triqueta, Maps of Misterra, Biomes (Prototyp) und Brüssel 1893 waren unsere Highlights. Samstag geht es insbesondere in Halle 5 und 6.